Alle Hürden genommen
Im Dezember 2015 flüchtet die damals 25-jährige Syrierin Madeha Alsaleh mit einem Teil ihrer Familie über die Türkei auf dem „normalen Weg, den alle Flüchtlinge gehen“, nach Deutschland. Dabei wurde die Familie zwei Mal getrennt. Die junge Frau landete in einem Flüchtlingscamp in der Nähe von Stendal. Dort lernte sie die 84-jährige Alma kennen, die ihr noch heute viel bedeutet und die sie nur liebevoll Oma Alma nennt. „Sie kam täglich zu uns und hat sich mit uns unterhalten. Sie hat uns immer ihre Enkelkinder genannt. Auch wenn ich noch nicht viel verstanden habe, hat sie sich bemüht, uns die deutsche Sprache beizubringen und uns Weisheiten mit auf den Weg zu geben.“
Hier verbrachte Madeha Alsaleh drei Monate, bis sie im März 2016 nach Magdeburg kam, wo sie endlich wieder mit ihrer Familie vereint war. In Magdeburg fühlte sie sich von Anfang an wohl, denn Magdeburg sieht ihrer Heimatstadt sehr ähnlich. Die Stadt gefällt ihr sehr gut, obwohl sie zuvor vermehrt vor dem Osten Deutschlands gewarnt wurde, weil die Menschen hier anscheinend sehr intolerant und unfreundlichen seien. Dieses Vorurteil kann die Syrerin nicht bestätigen. Sie hat hier schon viele gute Freunde gefunden und verbringt mit ihnen eine schöne und unbeschwerte Zeit. Und die Universität gefällt ihr, auch, wenn diese sich sehr von ihrer Universität in Syrien unterscheidet, wo sie ihren Bachelor im Bereich Erdöl- und Chemie-Ingenieurtechnik erfolgreich abgeschlossen hat.
In Magdeburg studierte die heute 27-Jährige Verfahrenstechnik im Master. Anfangs war es nicht immer leicht für sie. Die von ihr besuchten Seminare hatten alle eine andere Dynamik, weshalb sie in manchen Kursen sehr gut mitkam und in anderen gar nicht. Das lag nicht nur am Schwierigkeitsgrad oder daran, dass manche Seminare auf Englisch
und manche auf Deutsch waren, sondern an der Aussprache und den verschiedenen Dialekten der Dozenten – diese entsprachen manchmal nicht ganz dem, was sie zuvor im Sprachkurs gelernt hatte. Um an der Universität studieren zu können, musste sie zuerst die „Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH)“ ablegen und bestehen. In ihrer Freizeit beschäftigte sich die Studentin intensiv mit der deutschen Sprache und auch an der Kultur ist sie sehr interessiert. Innerhalb von anderthalb Jahren hat sie die Sprache gelernt und beherrscht sie bereits fließend. Das fiel ihr nicht schwer, denn „die deutsche Sprache ist sehr logisch. Ich mag sie wirklich sehr.“ Vor allem ein Wort ist ihr beim Lernen nicht aus dem Kopf gegangen, das sie immer wieder zum Lachen bringt, wenn sie es hört: „Mein Lieblingswort ist auf jeden Fall ‚achso‘, es klingt so witzig. Aber auch dieses ‚Ne?‘. Da weiß ich dann immer nicht, was ich antworten soll.“
Aber nicht nur die deutsche Sprache gefällt ihr, sie mag auch die hiesige Kultur. „Am besten gefällt mir Kartoffelsalat“, witzelt sie. Die Kultur, die sie und ihre Familie kennen und mit der sie aufgewachsen sind, unterscheidet sich sehr von der deutschen Kultur. „Die Deutschen sind sehr diszipliniert und pünktlich. Das gefällt mir sehr. Was mir nicht gefällt ist, dass sie sehr wenig lächeln und vor allem in der Straßenbahn immer grimmig gucken.“ Unabhängig davon fühlt Madeha Alsaleh sich in Magdeburg sehr wohl, auch wenn es sie wahrscheinlich nach Berlin zieht, denn hier lebt ihr Verlobter: „Meine Ziele sind aber erstmal eine gute Arbeit zu finden und später in einer hohen Position arbeiten zu können.“ Also die ganz großen Träume.