Forschen für Kohlenstoffquellen der Zukunft
Ein Forschungsverbund der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg arbeitet daran, Ansätze und Verfahren für eine künftig nachhaltige kohlenstoffbasierte Chemieproduktion zu entwickeln. Im Rahmen des Forschungsclusters „Smart Process Systems for a Green Carbon-based Chemical Production in a Sustainable Society“, kurz SmartProSys, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fossile Rohstoffe durch erneuerbare Kohlenstoffquellen ersetzen und energieintensive Prozessketten in vollständig geschlossene Kreisläufe umgestalten. Langfristiges Ziel ist eine chemische Industrie, die auf biogenen Rest- und Abfallstoffen sowie auf recycelten Kunststoffen basiert, deren Prozesse allein aus erneuerbaren Energiequellen gespeist werden und deren Bausteine durch systematische Kreislaufführung immer wieder neu genutzt werden können.
Am Forschungscluster SmartProSys beteiligen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Verfahrenstechnik, Chemie, Mathematik, Informatik, Logistik, Politikwissenschaft und Psychologie. Sie werden Laborexperimente mit Computersimulationen kombinieren und für den Entwurf, die Simulation, die Optimierung und die Steuerung von neuen Abbau- und Syntheseverfahren leistungsfähige Berechnungsmethoden und Algorithmen entwickeln. Über die ingenieurwissenschaftlichen und mathematischen Grundlagen hinaus untersuchen sie auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Transformation einer bisher energie- und ressourcenintensiven chemischen Industrie in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
„Die chemische Industrie, nicht nur in Sachsen-Anhalt, befindet sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel“, so der Sprecher des Forschungsclusters, Prof. Dr.-Ing. Kai Sundmacher vom Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik der Universität Magdeburg. „Die Branche ist weltweit zu rund zehn Prozent an den globalen CO2-Emissionen beteiligt. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die Emissionen bis 2045 auf null reduziert werden. Wir wollen die Grundlagen einer dafür notwendigen neuen Generation von Prozesstechnologien erforschen.“
Eine zentrale Forschungsfrage sei dabei, wie sich Plastikmüll und biogene Rest- und Abfallstoffe systematisch und effizient in wertvolle Moleküle für neue Produkte umwandeln ließen, so der Verfahrenstechniker weiter. „Es geht dabei nicht um die Dekarbonisierung, denn all diese Stoffe enthalten ja wertvollen Kohlenstoff.“ Dieser dürfe künftig aber nicht mehr aus fossilen Quellen wie Erdöl oder Erdgas stammen, sondern müsse aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden: etwa aus Biomasse, aus dem Recycling von Abfällen oder aus der Nutzung von CO2, das als Abgas bei der Produktion in Industrieanlagen oder bei der Müllverbrennung entsteht. „Das sind die Kohlenstoffquellen der Zukunft.“
In der SmartProSys-Initiative arbeitet die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme (MPI) in Magdeburg, dem Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) in Rostock und der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus zusammen. Die Sprecher sind Prof. Dr.-Ing. Kai Sundmacher, Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, Prof. Dr.-Ing. Achim Kienle, Lehrstuhl für Automatisierungstechnik und Modellbildung, und Prof. Dr. Ellen Matthies, Lehrstuhl für Umweltpsychologie an der Universität Magdeburg.
Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beteiligt sich mit diesem und zwei weiteren Forschungsclustern an der neuen Runde der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. Die drei Forschungsinitiativen zielen auf eine nachhaltige Chemieindustrie, die Stärkung der Hirngesundheit sowie auf eine verbesserte Zusammenarbeit von Mensch und Maschine im Produktionsprozess ab. Ende Mai 2023 wurden drei Projektskizzen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingereicht. Diese werden bis Ende Januar 2024 bewertet. Im Falle positiver Voten dürfen die Initiativen bis zum August 2024 Förderanträge bei der DFG stellen. Die endgültige Förderentscheidung wird im Mai 2025 fallen, bevor die Clusterförderung dann Anfang 2026 für zunächst sieben Jahre startet.
Der Artikel wurde von der folgenden Internetseite der Universität entnommen: